“Ihr dürft mich nie unterschätzen, denn wenn ihr das tut, werd ich immer extra einen drauf setzen.”
Wenn du in all den Jahren voller Glück und Unglück, Hoffnung und Verzweiflung, Vertrauen und Angst, Zuversicht und Seufzen, Lachen und Schmerz, Lieben und Leben eines gelernt hast, dann dass du eines im Grunde die ganze Zeit über warst – mutig.
Mutig genug, trotz aller kleinerer und grösserer Rückschläge, emotionaler Felsstürze, alltäglicher Falltüren, vergossener Tränen und unzähliger Stolperer immer und immer wieder aufzustehen, dir trotzig den Schmutz von Händen und Knien zu klopfen, tief einzuatmen und einfach weiterzumachen.
“Desinteresse ist die größte Provokation.”
Auch wenn »einfach« nicht selten das Schwerste ist. Eigentlich gerade deswegen. Und weil sowas wie Mut eben nicht immer bloss grosse, laute Taten meint, sondern um einiges häufiger das still und leise eingegangene Wagnis eines neuen Versuchs.
Was soll ich dir sagen, wenn du dich mal wieder ausheulst über das oh, so ungerechte Leben, das oh, so in-der-spätsommerlichen-Mittagssonne-vor-sich-hindampfende-Hundekacke schwer ist? Emotionale Tiefdruckgebiete sind hin und wieder einfach da, ob wir wollen oder nicht. Sie schleichen sich hinterrücks an wie unerwartete Schockmomente im Kino, sie warten geduldig in der nahen Zukunft wie die Resultate einer verpatzten Prüfung, sie prasseln von jetzt auf gleich auf einen nieder wie Platzregen während einem romantischen Picknick im Grünen. Ja, das ist bisweilen ganz schön mühsam und nein, immer nur Spaß macht es so bei Weitem nicht, du hast recht.
Sag, woher nimmst du sie eigentlich – deine Überzeugung, dass alles besser sein sollte, leichter, pastellfarbener, bequemer als es ist? Weshalb scheint dein Glas immer nur halbvoll, egal zu welcher Tageszeit man hineinblickt, egal was du trinkst und ob überhaupt? Hast du dir schonmal ernsthaft, bildhaft, wahrhaft Gedanken darüber gemacht, dass dein andauernder Jammer womöglich weniger auf all den tatsächlichen Übeln dieser Welt und des Lebens heißen könnte, als vielmehr in deiner Einstellung dazu?
Deiner Prinzessin-auf-der-(leider-nicht-Kicher-)Erbse-Einstellung, die das Leben als nie und nimmer gut genug ansieht, da man schließlich immer irgendein Haar in der Suppe findet, wenn
man es denn verbissen sucht. Will ich damit sagen, du hättest keine Probleme, keine Sorgen und Nöte, die dir nahe gehen, dich fordern und bisweilen berechtigterweise runterziehen? Was ich dir aber gerne einmal laut und deutlich ins Gesicht sagen würde, ist, dass zumindest meiner persönlichen Erfahrung nach der einfachste Weg längst nicht immer jener sein muss, der geradewegs zum großen Glück führt. Und dass, darüber hinaus, das »Glück« – ich nenne es auch gerne Zufriedenheit – dir erwartungsgemäß weder jetzt noch zukünftig geduldig hinterherrennen wird, während du mit beiden Händen vor den Augen im Zickzack vor ihm davon rennst und dabei ebenso lauthals wie verzweifelt nach ihm rufst. So manches ist auch gut, wenn längst nicht alles rundherum perfekt ist.
Die Anzahl unserer Neider bestätigt unsere Fähigkeiten.
Hast du das gewusst? Man könnte zumindest so aufmerksam durch die Tage, Wochen und Jahre gehen, dass man nicht andauernd nur auf das eigene, halb leer scheinende Glas starrt und sich deswegen grämt, während das Leben und all das kleine große Glück darin leise flüsternd, wehmütig lächelnd und unbemerkt an einem vorbeizieht. Gefällt nicht, na und? Es gibt jene, die können einen nicht hören, weder klar sehen noch verstehen. Nicht, weil sie es nicht wollen, sondern weil sie es nunmal einfach so ist, es nicht passt, nicht rund läuft, nicht harmoniert. An und für sich ist das nicht weiter tragisch, kein Weltuntergang, ja noch nicht einmal der Rede wert. Wir sind uns alle so ähnlich und zur selben Zeit ist jede und jeder von uns eine/r wie keine/r – entsprechend scheint es auch völlig plausibel, dass wir uns nicht alle gleich gut verstehen, schätzen und mögen.
Ein Problem wird diese Tatsache für jene, die sie nicht akzeptieren wollen oder können. Jene Unglücklichen, an denen der Zweifel nagt, deren Selbstbewusstsein zu bröckeln beginnt, sobald sie darum wissen (oftmals lediglich ahnen), nicht ausnahmslos allen zu gefallen. Es gibt wohl nichts auf dieser Welt, das ttsächlich von allen geschätzt wird. Die einen mögen Sonnenschein, die anderen Regen, manche essen gerne Reis, andere lieber Kartoffeln. Während man gewissen Menschen mit Blumen eine Freude machen kann, interessieren sich andere viel mehr für Bücher. Und während die einen es lieben, zu sphärisch-elektronischen Klängen zu tanzen, bevorzugen die anderen laut verzerrte Gitarren oder nochmals andere experimentellen Jazz. Geschmäcker sind verschieden – bei nahezu allem. Wie erklärt es sich da, dass manch eine und einer den eigenen (oft unbewussten) Anspruch hegt, allen gefallen zu wollen? Es mögen noch nicht einmal alle Menschen Apfelkuchen mit Vanillecrème (whaaaaaat?!?), aber mich soll bitteschön jede und jeder auf diesem verdammten Planeten lieben?
Wir können also auch weiterhin an überzogenen Idealen und unerreichbaren Zielen festhalten und uns damit ganz schön unglücklich machen – oder wir versuchen zu verstehen, wirklich zu verstehen, dass die Tatsache, dass wir nicht von jedem und jeder gemocht werden, keineswegs bedeutet, dass wir nicht genug (hübsch, nett, intelligent, fähig, liebenswert…) sind. In der Regel hat das alles nämlich wenig mit uns selbst zu tun und viel mit der subjektiven Präferenz jener, denen wir nicht passen. Manche mögen nun mal keine Nussschokolade. Das heisst noch lange nicht, dass die Schokolade nicht mit den besten Zutaten hergestellt wurde, samtweich auf der Zunge zergeht und für wiederum andere ein kleines und feines Stück vom Himmel ist. Es gab Zeiten, da wolltest du ganz einfach verschwinden. Nicht mit grossem Tamtam, über Nacht ausgerissen und weggelaufen, sondern still und leise, sodass es im besten aller Fälle gar nicht erst irgendwer merkt.
So manches ist auch gut, wenn längst nicht alles rundherum perfekt ist.
Mehrfach hast du es versucht, mehrfach wäre es dir beinahe gelungen. Beinahe. Mit dem Verschwinden – ob nun Knall auf Fall oder nach und nach – verhält es sich nämlich so, dass früher oder später immer eine Entscheidung fällig wird. Eine endgültige.
Und mal ganz davon abgesehen, dass du dich seit jeher schwer tust mit Entscheidungen aller Art – und endgültigen somit erst recht – ist es irgendwie doch auch ganz schön feige, das heimliche, still und leise Verschwinden. Nicht, dass es sich schöner anfühlt, ganz und gar hier zu sein. Hier mit Bestand, hier mit Gewicht. Tut es nicht. Zumindest noch nicht. Ja, das klingt gut. Noch nicht lässt Luft und Raum für mehr. Als. Das. Alles. Hier.
Mit einem »Noch nicht« im Kopf stehst du morgens viel eher auf und stürzt dich mutig in die bisweilen schier absurden Ausmasse des jeweiligen Tages. Ein »Noch nicht« lässt dich knapp an der Verzweiflung vorbeischrammen, statt haltlos darin zu ertrinken, jedes Mal aufs Neue, da du dir deiner Präsenz und Kontur auf einmal ach so schmerzlich bewusst wirst. »Noch nicht« lässt prinzipiell offen, was werden soll und vielleicht noch sein wird – und nimmt dich dennoch vorsichtig aber bestimmt an der Hand und im behäbigen Gehschritt mit. Weg vom ewigen Zehren, allem haltlos verzweifelten Wunsch nach Verschwinden, hinfort vom Kontrollwahn eines Lebens, dass es so schlicht nicht geben kann. Nicht auf Dauer. Dein ganz persönliches »Noch nicht« pflastert einen Weg hinaus ins Leben und Schritt für Schritt auch hin zu dir selbst. Alles, was du tun musst, ist ihn gehen. Über Schotter und Kies, durch Schmutz und Dreck. …aber das wirst du, ja?
“Psychische Krankheiten gehen nicht einfach weg wie husten.”
Du musst wissen, es gibt unendlich viele Dinge im Leben die dich runterziehen werden. Die dir wehtun werden. Menschen, die grundlos dein Leben verlassen und Menschen, die dir das Gefühl geben, dass du der Grund dafür bist, dass sie gehen. Da gibt es Liebe, die nicht erwidert wird oder Eltern, die nie für dich da waren. Freundschaften die wegen Nichts in die Brüche gingen. Menschen, die sich von dir entfernen und Menschen, die dich verletzen, weil sie ihre Worte nicht ernst nehmen. Um das zu verstehen und zu akzeptieren lässt du unendlich viel Zeit verstreichen. So viele Momente verpasst man, weil man traurig ist. Weil etwas fehlt. Weil etwas zu viel ist. Weil die Dinge einem über den Kopf wachsen. Weil man nach Antworten sucht und einfach nicht mehr weiter weiß. So viele Dinge passieren und du fragst dich unentwegt warum. Ich glaube wir brauchen diese Form von Schmerz in unserem Leben um die guten Dinge mehr wert zu schätzen. Du bist zwar am Boden zerstört aber werden die guten Dinge, die noch da sind dadurch automatisch wertlos? Du solltest deinen Fokus nicht auf die Enttäuschungen und das Unglück, welches dir widerfahren ist, legen. Wir müssen mit beiden Augen sehen. Das Gute und das Schlechte. Das Schlechte im Guten und das Gute im Schlechten.”
“Arschkriechen gehört nicht zu meiner Charaktereigenschaft.”
Irgendwann in deinem Leben kommst du an den Punkt, wo du Entscheidungen treffen musst. Der Punkt, wo du einsehen musst, dass Menschen sich ändern, das Mühe nicht immer belohnt und Dinge, die einen riesigen Aufwand gekostet haben, sich nicht immer auszahlen. Das Leben ist nicht immer fair, mit Sicherheit nicht. Wir überqueren die größten Ozeane aus Stolz für einen Menschen, um uns zu entschuldigen und ihm die Hand zu reichen und werden zurückgewiesen. Wir stecken so viel Energie und Kraft in unsere Beziehungen und werden abgewiesen oder verlassen. Wir versuchen alles mögliche, um den Kontakt zu alten Freunden zu halten und sie melden sich einfach nicht mehr. Wir stellen unsere Ernährung um, treiben Sport, alles, um anderen zu gefallen. Aber schlemmt man einmal in Gegenwart eines Anderen, sind wir disziplinlos und schwach. Wir könnten der “Versuchung” nicht widerstehen. Verlassen wir den Partner, der uns gedemütigt und über Monate unglücklich gemacht hat, sind wir egoistisch und schwach, weil wir die Beziehung nicht aufarbeiten. Wir sind rücksichtslos, weil der Partner, der eigentlich der Grund war, dass wir nicht mehr weiter wussten, als diese Beziehung zu beenden, uns doch angeblich so viel Liebe entgegen gebracht hat. Nehmen wir uns Zeit für unsere Freunde, haben wir zu wenig Zeit für den Freund oder die Freundin. Andersrum ist es genauso verkehrt. Sind wir etwas mollig, gelten wir gleich als fett, nehmen wir ab, sind wir magersüchtig. Folgen wir nicht gleich jedem Trend sind wir “von gestern” und unattraktiv. Haben wir als Frau keine 90-60-90 sind wir gleich zu dick, als Mann keinen Sixpack zu haben ist beinahe schon peinlich, weil nur Menschen, die schön sind wissen, was Erfolg ist. Sind wir ständig am Arbeiten sind wir Workaholics, arbeiten wir wenig, sind wir faul. Triffst du deine eigenen Entscheidungen, bist du unvernünftig, weil du keine anderen Meinungen einholst – Bittest du andere um Rat und Hilfe und nimmst diese an, hast du kein Rückrat. Betrinkst du dich auf einer Feier, bist du peinlich, bleibst du nüchtern bist die ein Spielverderber und langweilig. Egal, was wir versuchen, wie viel Aufwand und Bemühung hinter unseren Intentionen steckt, es ist nie genug. Irgendwer wird dich immer kritisieren, irgendwer wird immer deine Ecken und Kanten finden. Irgendwer wird dir immer sagen, dass du es zu nichts gebracht hast. Aber das Leben ist nicht immer schwarz und weiß, gut und schlecht. Es ist auch grau – Es gibt Höhen UND Tiefen, es gibt Phasen, die dazwischen liegen. Es ist egal, was andere sagen, wie sie dich beeinflussen und versuchen, dich von deinen Zielen abzubringen. Wichtig ist, dass DU dir nichts einreden lässt, dich nicht kleinreden lässt. Dass du aufhörst, es alles Recht machen zu wollen. Denn das ist unmöglich. Was ich dir aber gerne einmal laut und deutlich ins Gesicht sagen würde, ist, dass zumindest meiner persönlichen Erfahrung nach der einfachste Weg längst nicht immer jener sein muss, der geradewegs zum großen Glück führt.
“Mach das was dir gefällt und hör nicht auf andere. Meistens sind sie einfach nur neidisch auf das was du machst.”
>>July<<